Im Trennungsfall: Die Haushaltszugehörigkeit des Kindes ist wichtige Abzugsvoraussetzung für Kinderbetreuungskosten

# Weihnachtssteuertipp Nr. 19


Schneemann aus Plüsch in Weiss-rosa
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Bei der Trennung eines Elternpaares mit Kindern entscheidet die Haushaltszugehörigkeit des oder der Kinder darüber, ob Kinderbetreuungskosten zum Abzugs als Sonderausgaben zugelassen sein können oder nicht. Deshalb empfiehlt es sich, zum Ende des Jahres die Haushaltszugehörigkeit des Kindes zu prüfen und unter Umständen eine – weitere- Anmeldung bei dem anderen Elternteil vorzunehmen, um einen Steuerminderungseffekt zu sichern.

Gestaltungshinweis: Melde das Kind jeweils bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig an.

Haushaltszugehörigkeit als Abzugsvoraussetzung ist verfassungsgemäß

Ein barzahlungspflichtiger Vater hatte den Abzug von Kinderbetreuungskosten für seine unter 14-jährige Tochter in seiner Einkommensteuererklärung geltend machen wollen, die im Haushalt ihrer für die Erziehung verantwortlichen Mutter gemeldet war. Das Finanzamt verweigerte den Abzug und ein hiergegen erhobener Einspruch blieb erfolglos, ebenso die hiergegen eingelegte Klage.

Der BFH urteilte am 11.05.2023, dass die Haushaltszugehörigkeit des Kindes als Abzugsvoraussetzung für die Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben verfassungsgemäß sei [1].

In den Leitsätzen zum Urteil führte der BFH aus:

  1. Das Kriterium der Haushaltszugehörigkeit in § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG beruht auf einer verfassungsrechtlich zulässigen Typisierung bzw. Förderung.
  2. § 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG verstößt jedenfalls dann nicht gegen die Steuerfreiheit des Existenzminimums und den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 6 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG), wenn die Betreuungsaufwendungen desjenigen Elternteils, der das Kind nicht in seinen Haushalt aufgenommen hat, durch den ihm gewährten Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG) abgedeckt werden.

Gestaltungshinweis: Bei einer Trennung der Eltern besteht zugunsten des barunterhaltspflichtigen Elternteils das Recht, der vollständigen Übertragung des BEA-Freibetrags auf den anderen Elternteil, bei dem das minderjährige Kind gemeldet ist, zu widersprechen (vgl. § 32 Abs. 6 Satz 8 f. EStG).

Warum ist die Haushaltszugehörigkeit als Abzugsmerkmal verfassungskonform?

Der besondere Schutz der Familie

Hinweis: Abziehbare Sonderausgaben sind 2/3 der Aufwendungen, höchstens 4.000 € je Kind, für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörenden Kindes i. S. des § 32 Abs. 1 EStG, das das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten (§ 10 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 EStG; vgl. die weiteren Regelungen in den Sätzen 2–4). Demnach steht dem Sonderausgabenabzug entgegen, dass die Tochter im Streitjahr allein zum Haushalt der Mutter und nicht auch zum Haushalt des V zählte.

Dies ist verfassungskonform. Der besondere Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG ist gewahrt. Denn nach § 32 Abs. 6 EStG wird ein Freibetrag für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) gewährt, der um den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf ergänzt wird.

Hinweis: Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibetrag von 3.012 Euro für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Ki-Freibetrag – Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1.464 Euro für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf (BEA-Freibetrag) des Kindes vom Einkommen abgezogen. Diese Freibeträge sind bei beiden Eltern zu berücksichtigen (vgl. § 32 Abs. 6 EStG).

Der dem V gewährte BEA-Freibetrag lag im Streitjahr mit 1.320 € wesentlich höher als der von ihm für die Kindergarten- und Hortbeiträge entrichtete Betrag von 299 €, dessen Abzug als SA er i. H. von ( 2/3 =) 199 € unter Verweis auf das GG begehrt.

Keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes und des besonderen Schutzes der Familie

Außerdem liegt keine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes und des besonderen Schutzes der Familie (Art. 3 Abs. 1 GG i. V. mit Art. 6 Abs. 1 GG) vor. Denn es handelt sich bei dem Erfordernis der Haushaltszugehörigkeit um eine Zuordnungsregelung, die darauf abstellt, wann typischerweise Kinder von alleinstehenden Eltern diesen erhöhte Betreuungskosten abverlangen. Das Merkmal der „Haushaltszugehörigkeit“ dient als zulässige Vereinfachungs- und Typisierungsregelung, die weder Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 6 Abs. 1 GG noch Art. 1 Abs. 1 i. V. mit Art. 20 Abs. 1 GG verletzt. Die „Haushaltszugehörigkeit“ bildet den typischen Fall ab und dient zugleich der Verwaltungsvereinfachung. Es ist sachgerecht, wenn der Gesetzgeber davon ausgeht, dass Fremdbetreuungsaufwand typischerweise bei dem Elternteil anfällt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat und deshalb das Kind entweder selbst betreuen oder sich um eine Fremdbetreuung kümmern muss.

Dass trotz fehlender Haushaltsaufnahme auch beim anderen Elternteil Betreuungsaufwand in Gestalt der Eigenbetreuung oder der Übernahme von Betreuungskosten entstehen kann, hat der Gesetzgeber in verfassungsrechtlich grds. hinreichender Weise dadurch Rechnung getragen, dass der BEA-Freibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG auch diesem Elternteil zu gewähren ist.

Hinweis auf Entlastungsbetrag für Alleinerziehende

Zudem dient das Kriterium der „Haushaltszugehörigkeit“ der besonderen steuerlichen Förderung Alleinerziehender. Nur diese erhalten den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG). § 24b EStG, der auf die „Haushaltszugehörigkeit“ des Kindes gemäß der Meldung in der Wohnung des alleinstehenden Steuerpflichtigen abstellt, ist eine verfassungsrechtlich gerechtfertigte Entlastungsentscheidung des Gesetzgebers [2].


[1] BFH Urteil v. 11.05.2023 – III R 9/22 BStBl 2023 II S. 861

[2] vgl. BVerfG, Beschluss v. 22.5.2009 – 2 BvR 310/07, NWB YAAAD-24514).