Künstliche Befruchtung als Heilbehandlung?
Künstliche Befruchtung als Heilbehandlung „Erfüllung Kinderwunsch“?
Homologe Befruchtung: JA – Heterologe Befruchtung: NEIN
Zwangsläufigkeit sind Ausgaben dann, wenn sich der Steuerpflichtige diesen Ausgaben aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Das Finanzamt hilft in diesen Fällen durch eine Minderung der Steuer, wenn die Ausgaben nicht ersetzt werden und die Kosten nicht als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Sonderausgaben berücksichtigt werden können; allerdings wird eine zumutbare eigene Belastung angerechnet.
In ständiger Rechtsprechung geht der BFH davon aus, dass Krankheitskosten – ohne Rücksicht auf die Art und Ursache der Erkrankung – dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit oder mit dem Ziel erbracht werden, die Krankheit erträglich zu machen.
Behebung der medizinischen Ursuche für einen unerfüllten Kinderwunsch
Ob unter den Begriff der außergewöhnliche Belastung auch Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung fallen, wird nicht einheitlich beurteilt: Während die Rechtsprechung des BFH hierin bei einer unfruchtbaren Ehefrau zunächst keine außergewöhnliche Belastung sah, ist er hiervon sowohl bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft von Mann und Frau mit homologer Insemination als auch bei einer Ehe mit heterologer Insemination abgerückt. Einigkeit besteht darin, Kinderlosigkeit nicht als Krankheit anzusehen. Die Beseitigung der Ursachen jedoch, also die Behandlung zum Zwecke der Heilung oder Linderung der Krankheit oder der Einsatz einer Maßnahme als Ersatz für die durch Krankheit behinderte Körperfunktion des Mannes oder der Frau, können als Heilungsmaßnahme und damit als außergewöhnliche Belastung steuermindernd anzuerkennen sein.
Lebensumstände können zur Verneinung der Zwangsläufigkeit führen
Ihr Lohnsteuerhilfeverein Essen-Rüttenscheid e.V. rät:
Aufwendungen für künstliche Befruchtung werden berücksichtigt, wenn die Befruchtung in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnung vorgenommen wird und zwar gleichermaßen bei verheirateten und unverheirateten Frauen. Soweit die ärztlichen Standesrichtlinien eine künstliche Befruchtung nur bei heterosexuellen Paaren zulassen, ist dies wohl mit Art. 3 GG und im Falle einer Lebenspartnerschaft auch mit § 2 VIII nicht vereinbar (Schmidt Kommentar zu EStG, Tz 35 zu § 33 EStG). Bei einer Ablehnung der Aufwendungen für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung sollte also in jedem Fall ein geeignetes Rechtsmittel eingelegt werden, bis der BFH hierzu entschieden hat.
Quelle: Hessisches FG, Urteil vom 15. 11. 2016, 9 K 1718/13, EFG 2017, 473, Rev. eingelegt (Az. des BFH: VI R 2/17); FG Münster (Urteil vom 23. 7. 2015 6 K 93/13 E, EFG 2015, 2071, Rev. eingelegt (Az. des BFH: VI R 47/15)