Abzug der Berufsausbildungskosten – ist Neuregelung verfassungsgemäß?

Vorlage an das BVerfG: Ausschluss des Werbungskostenabzugs für Berufsausbildungskosten 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat gleich mehrere Verfahren dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegt, die den Ausschluss des Werbungskostenabzuges bei einer Erstausbildung zum Gegenstand haben.

Es wird eine Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob die Neuregelung in § 9 Abs. 6 EStG insoweit mit dem GG vereinbar ist, als danach Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung oder für ein Erststudium, das zugleich eine Erstausbildung vermittelt, keine Werbungskosten sind, wenn diese Berufsausbildung oder dieses Erststudium nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet und auch keine weiteren einkommensteuerrechtlichen Regelungen bestehen, nach denen die vom Abzugsverbot betroffenen Aufwendungen die einkommensteuerliche Bemessungsgrundlage mindern (BVerfG Az. 2 BvL 23/14)

Das Verfahren  (BFH 17.07.2014 Az. VI R 8/12 BFH/NV 2014 S. 1970) betrifft einen Studenten, der in den Jahren 2002 bis 2008 internationale Betriebswirtschaftslehre studierte und anschließend als Assistent eines Vertriebsvorstands arbeitete. Er beantragte im Jahr 2007 den Abzug von vorweggenommenen Werbungkosten. Das Finanzamt berücksichtigte als Werbungskosten lediglich den Arbeitnehmer-Pauschbetrag. Das FG Münster (vom 20. 12. 2011, 5 K 3975/09 F, EFG 2012 S. 612) sah zwar die höheren Aufwendungen als nachgewiesen an. Gleichwohl versagte es unter Hinweis auf § 9 Abs. 6 EStG den Abzug. Verfassungsrechtliche Bedenken bestünden nicht.

Das zweite Verfahren (BFH 17.07.2014 Az. VI R 2/12 BFH/NV 2014 S. 1954) betrifft einen Steuerpflichtigen, der in den Jahren 2005 bis 2007 eine Berufsausbildung zum Flugzeugführer absolvierte. Er begehrte die Feststellung vortragsfähiger Verluste. Dem folgte weder das Finanzamt noch das FG Düsseldorf (vom 14. 12. 2011, 14 K 4407/10 F, EFG 2012 S. 686). Der BFH hat mit Beschluss vom gleichen Tage weitere Verfahren mit z. T. inhaltsgleichem Gegenstand dem BVerfG vorgelegt (VI R 61/11, VI R 72/13, VI R 2/13 und VI R 38/12).

Der Senat des BFH hält § 9 Abs. 6 EStG für verfassungswidrig, weil ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vorliege. Es gäbe keinen sachlichen Grund, Erstausbildungen im Vergleich zu Zweitausbildungen oder zu Ausbildungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses zu diskriminieren. Der Grundsatz der Folgerichtigkeit erfordere daher, Erstausbildungskosten wie alle anderen Ausbildungskosten zu behandeln. Das Recht des Gesetzgebers, zu typisieren und zu pauschalieren, führe zu keinem anderen Ergebnis. Diese Aufwendungen dürften nicht mit freiwillig getätigten Privatausgaben der Lebensführung gleichgestellt werden. Hingegen hält der BFH den statt dessen vom Gesetzgeber gewährten Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG nicht für ausreichend, um die bestehenden verfassungsrechtlichen Mängel auszugleichen. Allerdings hält der Senat des BFH die rückwirkende Anwendung ab 2004 für verfassungskonform.

Quelle: Die Steuerberatung Ausgabe 4/2015, M 15 und 17

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