Gesparte Überführungskosten als geldwerter Vorteil beim Arbeitnehmer zu versteuern?

Der BFH hat nun darüber zu entscheiden, ob die vom Arbeitgeber nicht berechneten Überführungskosten als geldwerter Vorteil beim vergünstigten Erwerb eines Fahrzeugs durch den Arbeitnehmer zu versteuern sind. Das Finanzgericht München hatte hierzu folgendes festgestellt:

  1. Verkauft der Arbeitgeber selbst hergestellte Fahrzeuge zu vergünstigten Konditionen an seine Arbeitnehmer und verzichtet er – anders als gegenüber fremden Letztabnehmern – bei der Berechnung des Kaufpreises auf die Einbeziehung sog. Überführungskosten, entsteht hieraus ein geldwerter Vorteil, für den der Arbeitgeber Lohnsteuern einzubehalten und abzuführen hat.
  2. Dies gilt auch dann, wenn die Art der Auslieferung an Arbeitnehmer von der an fremde Letztabnehmer abweicht.

Im entschiedenen Fall ermöglicht der Hersteller (Arbeitgeber) seinen aktiven und ehemaligen Mitarbeitern und unter bestimmten Voraussetzungen weiteren Personen den Erwerb von ihr produzierter Fahrzeuge zu vergünstigten Mitarbeiterkonditionen. Zu diesem Personenkreis gehören  z.B. tätige Mitarbeiter bestimmte Zulieferanten oder von befreundeten Unternehmern oder auch von Groß- und Sonderkunden. Die Auslieferung von Fahrzeugen weicht in diesen Fällen vom Weg der Auslieferung gegenüber nicht unter die Vergünstigungsbedingungen fallenden – fremden – Endkunden ab: Fertig produzierte Fahrzeuge verbringt der Hersteller zunächst vom jeweiligen Produktionsstandort in eines der Versandzentren. Von dort erfolgt keine unmittelbare Auslieferung an fremde Endkunden. Diese haben die Wahl, das Fahrzeug bei A, einem Vertrags-Händler, oder in B, an einem anderen miteinander vereinbarten Ort,  in Empfang zu nehmen. In allen Fällen werden dem fremden Endkunden vom Fahrzeugtyp abhängige Überführungskosten berechnet und optional weitere kostenpflichtige Leistungspakete angeboten. An Mitarbeiter des Herstellers und den weiteren, o. g., in die Mitarbeiterkonditionen einbezogenen, Personenkreis erfolgt die Auslieferung abhängig von deren Beschäftigungsort bei

  • den in C beschäftigten Mitarbeitern am jeweiligen Werksstandort (Gruppe 1),
  • den Mitarbeitern der Zentrale, der in D ansässigen Tochtergesellschaften der Klin. am Versandzentrum D (Gruppe 2),
  • den Mitarbeitern der Standorte außer D wahlweise am Versandzentrum D (Gruppe 3a) bzw. am jeweiligen Standort der Klin. (Gruppe 3b).

Die (Vergünstigte) Überführungskosten berechnet der Hersteller seinen Mitarbeitern nur im Fall der Auslieferung an einen Standort außerhalb  von D (Gruppe 3b).

Dieser sich hieraus ergebende geldwerte Vorteil ist zwischen den Beteiligten unstreitig. In den anderen Fällen der Auslieferung an Mitarbeiter berechnet der Hersteller keine Überführungskosten und ermittelt die von den jeweiligen Lohnsteuer-Anmeldungen umfassten geldwerten Vorteile aus dem Erwerb von Fahrzeugen zu Mitarbeiterkonditionen ohne Berücksichtigung von Überführungskosten.

Personalrabatte können Lohn sein

Das Finanzgericht bestätigte die Haltung des Finanzamtes. Es erinnerte, dass zu den als Einnahmen zu bewertenden und zu Einnahmen führenden Vorteilen auch solche gehören, die Arbeitnehmern daraus entstehen, dass ihnen ihre Arbeitgeber Personalrabatte gewähren, indem sie Waren – wie im Streitfall vom Arbeitgeber hergestellte Fahrzeuge – aufgrund des Dienstverhältnisses verbilligt überlassen. Denn in diesem Fall vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht nur den Kauf eines Kfz, sondern treffen auch eine besondere Preisabsprache, die im Umfang der Verbilligung ihren Rechtsgrund im Arbeitsverhältnis haben kann. Wird der Vorteil der Verbilligung „für“ eine Beschäftigung gewährt, ist er durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst und insoweit Lohn.

Bewertung des geldwerten Vorteils bestimmt sich danach, dem Endpreis, zu dem der Arbeitgeber die entsprechenden Waren fremden Letztverbrauchern im allgemeinen Geschäftsverkehr anbietet. „Endpreise“ in diesem Sinne sind keine typisierten und pauschalierten Werte, wie etwa der „inländische Listenpreis“, sondern sie bestimmen sich vielmehr auch nach den Gepflogenheiten im allgemeinen Geschäftsverkehr.

Hiervon ausgehend teilt der Senat des Finanzgerichtes München die Auffassung des Herstellers nicht, bei der Bewertung des Sachbezuges sei auf den Endpreis am Abgabeort abzustellen, weshalb beim Arbeitnehmer ersparte Überführungskosten bei der Beurteilung des geldwerten Vorteils unberücksichtigt bleiben müssten.

Ihr Lohnsteuerhilfeverein Essen-Rüttenscheid rät:

Sollten Sie zu der hier beschriebenen begünstigten Personengruppe zählen, die ein Fahrzeug verbilligt von einem Hersteller beziehen kann, sollten Sie in jedem Fall prüfen, wie der Arbeitgeber die Überführungskosten ausgewiesen hat und wie sich der geldwerte Vorteil, den er der Lohnbesteuerung zugrunde gelegt hat, ermittelt. Sprechen Sie uns an, wenn Sie Ihre Abrechnung nicht verstehen.

Quelle: FG München, Urteil vom 19.05.2017 Az. 8K 2605/16, Revision eingelegt (BFH VI R 31/17), EFG 2017 Heft 15 Seite 1280 bis 1283
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